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Hintergrundinfos zur vegetarischen Verpflegung

Schützt vegetarisches Essen wirklich das Klima? Warum dann nicht gleich vegan? Milch und Fleisch gehören doch zusammen?! Wollt ihr jetzt jede*n dazu bringen, Vegetarier*in zu werden? Im Folgenden beantworten wir diese und weitere Fragen rund um unsere Umstellung auf eine rein vegetarische Verpflegung!

Am Anfang stand die im Februar 2020 beschlossene Zielvision 2023 des Jubi-Beirates. Darin heißt es zum Thema Ernährung: „Die gesamte Jubi-Verpflegung ist nachhaltig organisiert. Die verwendeten Lebensmittel sind möglichst klimafreundlich, regional und biologisch.“

 

Zielvision 2023 [70 kb]

 

Außerdem wurde im Juni 2021 durch den Bundesjugendleiterausschuss (BJA) die JDAV Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedet.

 

JDAV Nachhaltigkeitsstrategie [287 kb]

Der Beschluss zur Verpflegung lautet hier: „Wir bieten auf JDAV-Veranstaltungen nachhaltige, grundsätzlich vegetarische oder pflanzliche Verpflegung an.“

 

Hintergrund dieser Beschlüsse ist die Selbstverpflichtung der JDAV, mehr für Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu tun. Tatsächlich zeigt die CO2-Bilanz der Jubi, dass die Hälfte ihrer Emissionen auf die Verpflegung zurückzuführen sind - und davon wiederum 60% auf tierische Lebensmittel.

 

Wir hätten auf der Grundlage dieser Beschlüsse auch entscheiden können, nur die Gäste von JDAV-Veranstaltungen vegetarisch zu verpflegen und anderen Gruppen weiterhin Fleisch und Wurstprodukte anzubieten. Wir haben diese Möglichkeit in der Hausleitung und Hauswirtschaft intensiv diskutiert - gekoppelt an die Idee, noch hin und wieder regionales Bio-Fleisch aus der Milchwirtschaft anzubieten. Denn schließlich hängen Milch- und Fleischproduktion zusammen. Jedoch wäre dies in der praktischen Umsetzung schwierig geworden: Zum einen sind viele Gäste nur wenige Tage zu Gast, so dass das „Fleisch einmal pro Woche“ immer nur einer Auswahl von Gästen zu Verfügung stehen würde. Außerdem erschien es uns unfair, die Vegetarier*innen das (zu Recht) teure Bio-Fleisch für die Fleischessenden mitzahlen zu lassen. Und nicht zuletzt hielt es die Hauswirtschaft für nicht umsetzbar, am Buffet den JDAV-Gruppen zu erklären, dass sie sich nicht am Fleisch bedienen dürfen. Nach gründlichen Diskussionen waren wir uns dann am Ende alle einig: Gleiches Essen für alle!

 

Also wurde die Nachhaltigkeitsstrategie zum Anlass genommen, konsequent auf vegetarische Vollverpflegung umzustellen.

 

Wichtig ist uns, festzuhalten: Wir sehen das Ganze nicht schwarz/weiß und glauben nicht, dass es einen 100% „richtigen“ Weg gibt. Unser Weg ist ein Kompromiss, den wir im Abwägen verschiedener Rahmenbedingungen und Überzeugungen gefunden haben. Wir sind offen dafür, diesen weiter zu verändern.

Uns sind auch die Widersprüche unseres Weges bewusst. Wir glauben nicht, dass wir diese komplett auflösen können, aber wir denken, dass es trotz dieser Widersprüche Sinn macht, was wir tun.

 

Hier findet ihr Fragen, die wir uns stellten, und die Antworten, die wir momentan darauf gefunden haben.

 

Was hat vegetarisches Essen mit Nachhaltigkeit zu tun?

Nachhaltige Ernährung hat viele Dimensionen.

Für die Umwelt bedeutet eine überwiegend pflanzliche und gleichzeitig möglichst regionale, saisonale und ökologische Ernährung eine Schonung der Ökosysteme. Die Produktion von Fleisch und Fleischerzeugnissen ist für rund 40 % der ernährungsbedingten Klimagase verantwortlich (wobei diese Produktgruppe nur etwa 13 % der Lebensmittelmenge ausmacht).

 

Auf etwa einem Drittel der weltweiten Ackerflächen wird Tierfutter angebaut. Wenn auf diesen Ackerflächen Lebensmittel für den menschlichen Verzehr angebaut würden, könnte die Welternährung weitaus besser gesichert werden.

Hinzu kommt die wenig effiziente Umwandlung von pflanzlichen Futtermitteln in tierische Erzeugnisse.

 

Warum nicht gleich vegan?

Manchen geht die Umstellung auf komplett vegetarische Kost zu weit – anderen nicht weit genug.

Die Klimabilanz von Milchprodukten ist tatsächlich insgesamt nicht viel besser als die von Fleisch.

Aus Klimaschutzgründen konsequent wäre es also, gänzlich auf tierische Produkte zu verzichten und nur noch pflanzliche Kost anzubieten.

Wobei beispielsweise regionale Bio-Heumilchprodukte eine viel bessere Bilanz haben als weit gereiste, konventionelle Produkte von Kühen, die mit Kraftfutter gefüttert werden… der Teufel steckt oft im Detail!

 

 

Kulturlandschaft und Käse

Wir wollen in der Jubi den kulturellen Bezug zu unserer Region nicht verlieren. Schließlich ist die Kulturlandschaft, die die Jubi umgibt, durch jahrhundertelange Alp- und Weidewirtschaft entstanden. Und was wäre das Allgäu ohne Käse?

Nachhaltig zu handeln bedeutet eben auch, die Kultur der Region zu erhalten. Der DAV setzt sich aktiv für den Erhalt der Alp- und Weidewirtschaft ein, weil sie sowohl ökologisch von großer Bedeutung, als auch die wirtschaftliche Grundlage für viele Landwirt*innen im alpinen Raum ist.

Im Abwägen zwischen Klimaschutz, Regionalität, Gästezufriedenheit und der Umsetzbarkeit für unsere Hauswirtschaft, haben wir uns so für den Kompromiss einer vegetarischen Kost entschieden. Auf Wunsch bekommen unsere Gäste natürlich – wie auch schon in der Vergangenheit - vegane Verpflegung.

 

Milch und Fleisch gehören zusammen

Es ist absolut unbestritten, dass der Konsum von Milchprodukten mit der Fleischproduktion zusammenhängt. Denn damit Kühe Milch geben, müssen sie jedes Jahr ein Kalb bekommen und die männlichen Kälber landen in der Mast. Und auch die Milchkühe werden natürlich früher oder später geschlachtet.

Vor diesem Hintergrund ist es erst einmal logisch, sich entweder vegan zu ernähren oder, wenn man sich für den Kosum von Milchprodukten entscheidet, auch Fleisch nicht abzulehnen. Eine 100% vegetarische Ernährung - mit Milchprodukten, aber ohne Fleisch - ergibt ganzheitlich betrachtet keinen Sinn.

Allerdings essen die Menschen in Deutschland durchschnittlich immer noch deutlich mehr Fleisch, als das, was als „Nebenprodukt“ der Milchwirtschaft anfällt. Man könnte also auch sagen, dass in der momentanen Lage eine vegetarische Ernährung ausgleichend auf den Gesamtkonsum wirkt.

Unsere Position ist: Wenig Fleisch, und wenn dann gutes! "Gutes" Fleisch ist für uns regionales Bio-Fleisch aus der Milchwirtschaft, von Rindern, die vor Ort in Weidehaltung und mit Winterheufütterung und ohne Kraftfutter aufwachsen.

Fleisch- und Wurstprodukte, die diese hohen Ansprüche erfüllen, bieten wir über unseren Regiomat unseren Gästen direkt bei uns vor der Haustür an.

Weiterführende Infos zu der Thematik und Allgäuer Direktvermarkter*innen findet ihr auf der Plattform der Öko-Modellregion Oberallgäu/Kempten: www.milch-und-fleisch.de. Die Öko-Modellregion macht in ihrem Projekt "Allgäuer Milch und Fleisch gehören zusammen" auf diese Thematik aufmerksam und vernetzt Betriebe und Kund*innen.

 

Nachhaltiges Essen und Gästezufriedenheit

Natürlich haben wir Gäste, denen der Klimaschutz wichtiger ist als Schnitzel und Gulasch, die sowieso Vegetarier*innen oder Veganer*innen sind, Bioprodukte schätzen und im Winter keine Tomaten am Salatbuffet erwarten. Diese Gäste werden vermutlich in der Jubi - was die Verpflegung anbetrifft – zukünftig noch zufriedener sein!

Aber wir beherbergen auch Gäste, für die zu jeder Mahlzeit Fleisch oder Wurst „dazu gehören“. Kinder, die ihre Semmel nicht zu belegen wissen, wenn es keine Salami gibt. Meister*innen, die vielleicht keine Teamtrainings in der Jubi mehr buchen, wenn die Azubis über das Essen schimpfen.

Unser Kompromiss: Es gibt als Vollverpflegung vegetarisches Essen. Auch wenn veganes Essen noch konsequenter wäre, betrachten wir die vegetarische Verpflegung als „gesunden Mittelweg“. Wir sind nicht dogmatisch und wollen auch niemanden zum/zur Vegetarier*in  „bekehren“ - aber durchaus zum Nachdenken anregen. Daheim soll jede*r essen, was sie oder er mag. Und in der Jubi dürft ihr unser hervorragendes vegetarisches Essen genießen!

Damit es auch den eingefleischten Fleischesser*innen bei uns nach wie vor gut schmeckt, gibt es bei uns auch weiterhin viele "klassische" und beliebte Gerichte wie Spaghetti "bolognese" oder Pizza... nur eben vegetarisch :) Und echte Allgäuer Kässpatzen sowieso.

 

Nachhaltige Verpflegung ohne Preiserhöhung?

Uns ist es wichtig, dass auch Menschen, die weniger zahlungskräftig sind, sich einen Aufenthalt bei uns leisten können. Deswegen sollen unsere Preise mit der Umstellung auf nachhaltige Verpflegung nicht ansteigen.

Die Entscheidung, auf 100% vegetarisch umzustellen, macht uns den Weg zu 100% bio finanziell deutlich leichter. Denn: bei pflanzlichen Lebensmitteln ist der Preisunterschied zwischen konventionellen und Bio-Produkten viel geringer, als bei Fleisch und Wurstprodukten.

Bei der Auswahl von Obst und Gemüse zahlt es sich nicht nur ökologisch, sondern auch preislich aus, auf den Einkauf saisonaler Produkte zu achten.

Und auch der regionale Einkauf von Lebensmitteln und der Warenbezug direkt vom Erzeugenden macht sowohl aus ökologischen als auch aus finanziellen Gründen Sinn!

Außerdem haben wir bei uns in der Jubi das Thema Lebensmittelabfallvermeidung sehr stark im Fokus, was natürlich ebenfalls sowohl CO2-Emmissionen, als auch Geld einspart.

Und nicht zuletzt stehen der DAV und die jdav politisch voll hinter der Entscheidung für eine nachhaltige Verpflegung und sind bereit, die Risiken, auch finanzieller Art, die eine solche Umstellung immer mit sich bringt, einzugehen.

Sollten einzelne Gäste oder auch ganze Gruppen unseren Weg zu einer nachhaltigen Verpflegung ganz konkret finanziell unterstützen und damit auch beschleunigen wollen, steht ihnen dafür die Zahlung eines freiwilligen Klimabeitrags  zur Verfügung.